Programmdiskussion engagiert weiterführen

Beschluss des Bundeskongresses vom 27.11.2011
 

 

 

1. Der 57. Bundeskongress der Europa-Union Deutschland berät den vorliegenden Entwurf für das neue Grundsatzprogramm und beschließt, diesen unter Berücksichtigung seiner Beratungs­ergebnisse den Landes- und Kreisverbänden zur weiteren Diskussion vorzulegen.

 

 

2. Das neue Grundsatzprogramm soll vom Bundeskongress der Europa Union Deutschland im Herbst 2012 beschlossen werden. Bis dahin dienen vom Bundesverband organisierte Regional­konferenzen dazu, eine Halbjahresbilanz zum Diskussionsstand zu ziehen. Änderungsvorschläge zum Text können bei diesen Regionalkonferenzen und nachfolgend auf dem Bundeskongress 2012 eingebracht und nur auf der Basis der Fassung gestellt werden, die als Entwurf auf dem Bundeskongress 2011 verabschiedet wurde.

 

 

3. Die EUD-Mitglieder in den UEF-Gremien werden aufgefordert, im Rahmen des europäischen Dachverbandes und mit den Schwesterverbänden eine Debatte über den Entwurf für das neue Grundsatzprogramm zu führen. Die Ergebnisse dieser Debatte sollen in die Endfassung des Programms einfließen.

 

 

„Die europäische Einigung im 21. Jahrhundert“

Unser Ziel sind die Vereinten Staaten von Europa

Programmentwurf

 

 

Wir Bürgerinnen und Bürger Europas sind in einer Schicksalsgemeinschaft verbunden. Gemein­sam gestalten wir unsere Zukunft. Nach dem Zweiten Weltkrieg haben sechs europäische Staaten mit der europäischen Einigung begonnen. Die Gründergeneration hat Großes geleistet: Ihr ver­danken wir die Versöhnung der Völker, die Überwindung der Grenzen, sozialen Zusammenhalt sowie wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung. Heute ist die Europäische Union längst mehr als ein gemeinsamer Markt. Sie ist vor allem eine Werte- und Rechtsgemeinschaft mit gemeinschaftlichen politischen Institutionen. Ihr gehören die meisten europäischen Länder an, in weiteren Staaten stärkt die Perspektive der Mitgliedschaft Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Aber die Einigung Europas ist noch nicht vollendet. Auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gibt es nur eine Antwort: Mehr Europa!

 

 

Wir, die Mitglieder der Europa-Union Deutschland, sind die Vertretung der europäisch engagierten Zivilgesellschaft. Wir setzen uns zusammen mit Partnerorganisationen in vielen europäischen Ländern für die Vollendung der bundesstaatlichen Einigung Europas ein. Europäische Föderalisten haben bereits 1946 ihre grundlegenden Ziele im Hertensteiner Programm niedergelegt.

Mit dieser Erklärung ergänzt die Europa-Union Deutschland die Ziele im Hertensteiner Programm.

 

 

1. Nur geeint sind die Staaten Europas in der Lage, Frieden und Freiheit, Stabilität, Wohlstand und soziale Sicherheit, eine lebenswerte Umwelt, Demokratie und Menschenrechte zu garantieren. Deshalb haben sie sich in der Europäischen Union zusammengeschlossen. Dabei kann die europäische Einigung Vorbild sein für die staatenübergreifende Zusammenarbeit. Sie ist unverzichtbare Voraussetzung für die Bewältigung globaler Herausforderungen.

 

 

2. Ziel der europäischen Einigung ist die Schaffung der Vereinten Staaten von Europa auf der Grundlage einer Verfassung. Als demokratisch-rechtsstaatlicher Bundesstaat vertreten die Vereinten Staaten von Europa die gemeinsamen Interessen der Bürgerinnen und Bürger Europas und ihrer Mitgliedstaaten nach innen und außen. Der europäische Bundesstaat muss über die hierzu erforderlichen Handlungsmöglichkeiten verfügen. Hierzu gehören auch ein entsprechend ausgestatteter Haushalt und eigene Steuereinnahmen. Im europäischen Bundesstaat werden die Aufgaben bürgernah und partnerschaftlich von der europäischen, der einzelstaatlichen oder der regionalen und lokalen Ebene wahrgenommen.

 

 

3. Die Vereinten Staaten von Europa sind gegründet auf die in der Menschenrechtskonvention und der Europäischen Charta der Grundrechte niedergelegten Werte, zu denen vor allem die Unantastbarkeit der Menschenwürde und die unveräußerlichen Rechte des Einzelnen gehören. Diese Werte sind Ziel und Maßstab ihres politischen Handelns. Demokratie und Menschenrechte auf friedliche Weise zu fördern verpflichtet die Vereinten Staaten von Europa zu einer besonders engen Zusammenarbeit mit den Staaten in der Welt, die ebenfalls friedlich für Demokratie und Menschrechte eintreten.

 

 

4. Die Vereinten Staaten von Europa beruhen auf der repräsentativen Demokratie mit Möglichkeiten der direkten Bürgerbeteiligung. Das von den Bürgerinnen und Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählte Europäische Parlament bildet den Kern der demokratischen Ordnung und der Gewaltenteilung. Das Europäische Parlament wählt die europäische Regierung, die aus der heutigen Kommission hervorgeht, und beschließt gleichberechtigt mit der Staatenkammer, dem Rat, über Einnahmen und Ausgaben sowie alle europäischen Gesetze.

 

5. Der politische Entscheidungsprozess der Vereinten Staaten von Europa ist gekennzeichnet durch ein hohes Maß an Transparenz und bietet allen Bürgerinnen und Bürgern vielfältige Möglich­keiten der Mitwirkung und Beteiligung. Die direkte Wahl des Europäischen Parlaments auf der Grundlage eines einheitlichen europäischen Wahlrechts ist Ausdruck des politischen Zusammen­wachsens. Die Bürgerinnen und Bürger der Vereinten Staaten von Europa haben im Wohnsitzland - über die Möglichkeit der Beteiligung an Europa- und Kommunalwahlen hinaus - das Wahlrecht zu allen Parlamenten und Vertretungen, von deren Entscheidungen sie direkt betroffen sind.

 

6. Die Herausbildung einer europäischen Öffentlichkeit gehört zu den Voraussetzungen für die Verwirklichung einer europäischen Demokratie. Hierzu gehören eine umfassende europapolitische Berichterstattung in den nationalen Medien, die Etablierung europaweiter Medien sowie ein aktiver Dialog der europäischen Institutionen unter Einbeziehung der elektronischen Medien und sozialer Netzwerke. Auch die politischen Parteien leisten einen Beitrag, indem sie sich zu europäischen Parteien mit individuellen Mitwirkungs- und Beteiligungsrechten ihrer Mitglieder zusammenfinden und Spitzenkandidaten und -kandidatinnen für die europäischen Institutionen vorschlagen.

 

7. Das Handeln der Vereinten Staaten von Europa dient dem Wohl ihrer Bürgerinnen und Bürger. Das europäische Gesellschafts- und Sozialmodell muss verteidigt und weiterentwickelt werden. Die Vereinten Staaten von Europa und ihre Mitgliedstaaten haben die Verpflichtung, in einem solidarischen Geist Gerechtigkeit, die Möglichkeit zu freier Entfaltung und Wohlstand für alle zu schaffen. In ihren Politiken fördern die Vereinten Staaten von Europa den sozialen Ausgleich und orientieren sich an den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft. Nicht alles muss dabei auf europäischer Ebene geregelt werden, aber sie muss den Rahmen schaffen und Mindeststandards setzen. Die Angleichung der Lebensverhältnisse innerhalb der Vereinten Staaten von Europa ist eine wesentliche Voraussetzung für ihren Bestand.

 

8. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie der schonende, effektive und nachhaltige Umgang mit den natürlichen Ressourcen sind für das Handeln der Vereinten Staaten von Europa und das ihrer Mitglieder bestimmend. Die Rohstoff- und Energieknappheit Europas zwingt zu einem gemeinsamen Vorgehen. Hierzu gehört auch das Umsteuern hin zu erneuerbaren Energien.

 

9. Die Vereinten Staaten von Europa verfügen über den Euro als gemeinsame Währung, für deren Stabilität die unabhängige Europäische Zentralbank verantwortlich ist. Die Vereinten Staaten von Europa und ihre Mitgliedstaaten tragen durch eine verbindlich abgestimmte gemeinsame Wirt­schafts-, Finanz- und Haushaltspolitik zur Stabilität ihrer gemeinsamen Währung bei. Die Vereinten Staaten von Europa setzen klare Regeln für die Finanzmärkte. Eine solide Haushaltspolitik und ein solidarisches Füreinander sind Voraussetzung für die Mehrung unseres Wohlstandes.

 

10. Die Außenpolitik, einschließlich der Sicherheits- und Verteidigungspolitik, ist Angelegenheit der Vereinten Staaten von Europa, die ihre Mitglieder mit Sitz und Stimme bei den Vereinten Nationen vertreten. Ziel der gemeinsamen Politik ist es, zu Frieden, Verwirklichung der Menschenrechte und Stabilität in der Welt beizutragen und Konflikte soweit immer möglich mit friedlichen Mitteln beizulegen. Außenpolitische Initiativen von Mitgliedern der Vereinten Staaten von Europa dürfen nicht im Widerspruch zur Außenpolitik der Union stehen.

 

11. Die kulturelle Vielfalt ist der Reichtum Europas und der europäischen Identität. Es ist Aufgabe der Vereinten Staaten von Europa, diese kulturelle Vielfalt zu schützen und zu fördern. Hierzu gehören auch die Begegnung mit anderen Kulturen und Lebensverhältnissen und der Erwerb von Fremdsprachen. Alle Bürgerinnen und Bürger der Vereinten Staaten von Europa sollen durch Bildungsangebote in die Lage versetzt werden, sich sprachlich miteinander zu verständigen.

 

12. Die Vereinten Staaten von Europa sind für neue Mitglieder offen. Jeder Beitrittsantrag eines Landes muss dabei für sich genommen geprüft und beurteilt werden. Neue Mitglieder müssen die Kriterien für eine Mitgliedschaft erfüllen; dabei ist der Handlungs- und Entwicklungsfähigkeit der Vereinten Staaten von Europa Rechnung zu tragen.

 

Dies ist unsere Vision für das Europa des 21. Jahrhunderts. Gestern wie heute gilt: In der

Einigung Europas liegt die Zukunft unseres Kontinents und seiner Menschen.